Es gibt eine Krankheit, die seit langem eines der faszinierendsten Rätsel ist: Sie heißt Afantasia und bis vor Kurzem glaubte man, dass Betroffene keine mentalen Bilder erzeugen könnten. Neue Forschungen stellen diesen Glauben auf den Kopf: Ihr Gehirn erzeugt zwar Bilder, diese bleiben jedoch dem Bewusstsein verborgen. Wie funktioniert es?
Afantasia, für diejenigen, die sie nicht kennen
Aphantasie ist eine neurologische Erkrankung, die Menschen daran hindert, freiwillig Bilder in ihrem Kopf zu visualisieren. Wenn Sie jemanden bitten, sich einen Strand vorzustellen, werden die meisten Menschen vor ihrem „geistigen Auge“ Wellen, Sand und Palmen sehen.
Menschen mit Aphantasie hingegen sind nicht in der Lage, diese visuellen Darstellungen zu erstellen, selbst wenn sie das Konzept des Strandes perfekt verstehen. Es ist, als würde man einen mentalen Projektor ausschalten: Der Film ist da, aber die Leinwand bleibt schwarz.
Die Forschung, die alles verändert
Ein internationales Team von Wissenschaftlern, darunter Forscher ausUNSW Sydney sowie Südchinesische Normale Universität, nutzte hochentwickelte MRT-Techniken, um neuronale Prozesse bei Menschen mit Aphantasie zu untersuchen. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Zeitschrift Current Biology (Ich verlinke sie dir hier), revolutionieren das Verständnis dieser Erkrankung.
Menschen mit Aphantasie scheinen zwar mentale Bilder zu haben, aber diese bleiben zu schwach oder verzerrt, um bewusst zu werden oder mit unseren Standardmesstechniken gemessen zu werden.
Die Rolle des visuellen Kortex
Die überraschendste Entdeckung betrifft den primären visuellen Kortex, den Bereich von Gehirn verantwortlich für die Verarbeitung visueller Informationen. Wenn Menschen mit Aphantasie versuchen, sich ein mentales Bild vorzustellen, wird diese Region aktiviert, genau wie bei Menschen ohne Aphantasie. Der Unterschied liegt darin, dass Diese Aktivierungen erreichen nicht die Schwelle des Bewusstseins.
Welche Implikationen hat diese Forschung?? Laut der Professor Joel Pearson, Co-Autor der Studie am Fakultät für Psychologie der UNSW, hat dieser Befund Auswirkungen, die über das Verständnis der Aphantasie hinausgehen. Er stellt die bestehende Theorie in Frage, dass Aktivität im primären visuellen Kortex direkt bewusste visuelle Bilder erzeugt, und schlägt einen entscheidenden Durchbruch vor: Der Prozess der mentalen Visualisierung ist komplexer als bisher angenommen.
Afantasia, die neuen Perspektiven
Diese Forschung vertieft nicht nur unser Verständnis des Gehirns, sondern verschiebt auch die Grenzen unserer Denkweise über Vorstellungskraft und Bewusstsein. Die Tatsache, dass das Gehirn Bilder verarbeiten kann, ohne dass sie das Bewusstsein erreichen, wirft neue Fragen über die Funktionsweise des menschlichen Geistes und die Natur des visuellen Bewusstseins auf.
Möglicherweise gibt es Möglichkeiten, Menschen mit Aphantasie dabei zu helfen, diese verborgenen mentalen Bilder „aufzuschließen“. Ein besseres Verständnis darüber, wie das Gehirn mentale Bilder verarbeitet und bewusst macht, könnte zu bedeutenden Entwicklungen in den Bereichen Neurologie und kognitive Psychologie führen.