Achtzehntausend. Es handelt sich dabei um eine grobe Schätzung verschiedener Anthropologen hinsichtlich der Gottheiten, die die menschlichen Religionen im Laufe ihrer Geschichte verehrt und dann vergessen haben. Faszinierend, nicht wahr? Der Homo sapiens scheint über eine Art evolutionären Zwang zu verfügen, höhere Wesen zu erschaffen und mit übernatürlichen Kräften ausgestattete Wesen in den Himmel zu schicken.
Und das ist keine Randerscheinung: 80 % der Weltbevölkerung (ich bin da keine Ausnahme) betrachten sich heute in irgendeiner Weise als religiös oder spirituell. Aber warum? Was treibt unser Gehirn dazu, Kathedralen zu bauen, im Gebet niederzuknien und nach transzendenten Bedeutungen zu suchen? Eine neurowissenschaftliche Studie hat möglicherweise den Bereich des Gehirns identifiziert, der für diese einzigartige menschliche Eigenschaft verantwortlich ist. Überraschenderweise liegt er nicht dort, wo man ihn erwarten würde.
Eine alte Struktur für tausendjährige Religionen
Neurowissenschaftler Sie haben endlich die Gehirnschaltkreise der Spiritualität entschlüsselt, und die Überraschung ist groß: Es handelt sich nicht um einen evolutionär jungen Bereich im Kortex, wie viele vermutet hätten, sondern um eine primitive Struktur im Hirnstamm, die periaquäduktale graue Substanz. Ja, Sir: Unsere hochentwickelte Spiritualität mit ihren kunstvollen Religionen, Theologien und komplexen Ritualen könnte ihren Ursprung in einem der ältesten und primitivsten Teile unseres Gehirns haben.
Dieser neuronale Schaltkreis, so die in Biological Psychiatry (Ich verlinke es hier) spielt eine grundlegende Rolle bei unseren Reaktionen auf Angst, Schmerz und altruistisches Verhalten. Es ist kein Zufall, dass Menschen mit Schäden in diesem Bereich oft Wahnvorstellungen entwickeln, fast so, als ob an ihrem „spirituellen Thermostat“ herumgepfuscht worden wäre.
Die Evolution, dieser große Ingenieur, scheint ein Gehirn ausgewählt zu haben, das eine Welt übernatürlicher Ursachen und Wesen bereitwillig akzeptiert, wie logisch absurd sie auch erscheinen mag. Aber warum? Die Antwort ist pragmatisch: Spiritualität bietet greifbare Vorteile für das Überleben und die Fortpflanzung. Es verringert unsere Angst, in einer unberechenbaren Welt zu leben, und fördert altruistisches Verhalten, das den sozialen Zusammenhalt stärkt. Spiritualität, Freunde, ist eine Superkraft.
Moderne Technologien für alte Mysterien
Die Wissenschaftler beschränkten sich jedoch nicht auf die Theorie. Sie nutzten ein Arsenal nicht-invasiver Werkzeuge (aus der Elektroenzephalographie eine strukturelle und funktionelle Magnetresonanztomographie, Bis Positronen-Emissions-Tomographie), um das Gehirn von Menschen unterschiedlicher Religion im Zustand des Gebets oder der Meditation zu untersuchen.
Sie beobachteten einzigartige Aktivitäten in verschiedenen Gehirnregionen, einschließlich Bereichen des Frontalkortex. Doch der wahre Star der Show war jene kleine Struktur im Hirnstamm, die graue Substanz im Bereich des Hirnstamms, von der ich Ihnen erzählt habe und die anscheinend unsere spirituelle Erfahrung leitet.
Ein Gott geht unter, ein anderer geht auf
Denken wir darüber nach Ra, der mächtige Sonnengott, der über Jahrtausende von vielen Kulturen verehrt wurde, ist heute fast vollständig aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Wenn man sich an der Geschichte orientiert, wird viele der heute verehrten Gottheiten das gleiche Schicksal erleiden und durch neue göttliche Wesen ersetzt werden, die den kulturellen und emotionalen Bedürfnissen künftiger Generationen besser entsprechen.
Werden wir auch in Zukunft neue Götter anbeten? Diese Frage fasziniert mich. Da unser Gehirn auf Spiritualität programmiert ist, ist eine Zukunft ohne transzendente Glaubenssätze schwer vorstellbar. Sie mögen zwar weder Zeus noch Jahwe anbeten, aber ich bin sicher, dass unsere Nachkommen dennoch etwas „Größeres“ finden werden, das sie anbeten können. Ich hoffe nicht KI. Vielleicht ein personifiziertes ökologisches System, wie Eywa aus Avatar? Oder ein noch zu konzeptionierendes kosmisches Wesen?
Spiritualität muss etwas Greifbares bieten, das die Fortpflanzung und das Überleben fördert. Andernfalls hätte die Evolution Gehirne und Organismen selektieren müssen, die solch kostspieligen Verhaltensweisen wie dem Bau gigantischer Pyramiden zur Bestattung von Toten, dem Sich-in-die-Luft-sprengen für die Freuden des Himmels oder dem Opfern der eigenen Kinder als Zeichen der Hingabe an die eigene Gottheit eine Abneigung entgegenbringen.
Religionen, das neuronale Erbe
Was dieses Ergebnis besonders faszinierend macht, ist die Tatsache, dass die Tendenz, sich auf Religionen zu verlassen, ebenso wie die Gehirnstrukturmuster, die bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen zugrunde liegen, als vererbbar gilt. Wir werden buchstäblich mit einer Veranlagung zum Glauben geboren.
Skeptiker könnten argumentieren, dass die Reduzierung der Spiritualität auf neuronale Schaltkreise reduktionistisch sei. Und vielleicht haben sie recht. Doch wenn man darüber nachdenkt, hat der Gedanke etwas Poetisches, dass unsere Fähigkeit, uns das Göttliche vorzustellen, komplexe Bedeutungssysteme zu schaffen, majestätische Kathedralen zu bauen und himmlische Musik zu komponieren, einer kleinen Gruppe von Zellen in unserem Hirnstamm entspringen kann.
Letzten Endes sind vielleicht nicht die Götter, die wir erschaffen haben, das größte Wunder, sondern die Gehirne, die sie sich ausgedacht haben. Auch das ist ein Mysterium, so etwas wie ein Wunder. NEIN?
andere Verweise:
Rim J et al (2019) Aktuelles Verständnis von Religion, Spiritualität und ihren neurobiologischen Korrelaten
HARVARD REVIEW OF PSYCHIATRY, Band 27, S. 303-316
Mehta SK et al (2019) Kann Religiosität durch die „Verdrahtung des Gehirns“ erklärt werden? Eine Analyse der Meinungen von Erwachsenen in den USA