Wie oft haben Sie von Weltraumstarts von Cape Canaveral, Baikonur oder China gehört? Eine Menge, denke ich.. Aber wie oft haben Sie schon einen Orbitalstart von europäischem Boden aus miterlebt? Die Antwort ist Null, weil es nie passiert ist. Zumindest bis jetzt. Der morgige 24. März 2025 könnte als der Tag in die Geschichtsbücher eingehen, an dem Kontinentaleuropa mit seiner eigenen Rakete Spectrum endlich die Sterne erreichte.
La Isar-Luft- und Raumfahrt, ein erst vor 5 Jahren, im Jahr 2018, gegründetes deutsches Unternehmen, bereitet den Start seines Spectrum vom Weltraumbahnhof in Andøya, in Norwegen. Dabei handelt es sich nicht um einen einfachen suborbitalen Test oder den Start einer kleinen Höhenforschungsrakete: Es handelt sich um einen echten Versuch, die Erdumlaufbahn mit einer vollständig in Europa entwickelten und von europäischem Boden aus gestarteten Rakete zu erreichen. Ein Schritt, der die Luft- und Raumfahrtlandschaft des Alten Kontinents revolutionieren könnte.
Spectrum, eine rein europäische Rakete
Die Spectrum-Rakete stellt ein ehrgeiziges Vorhaben der europäischen Raumfahrtindustrie dar. Mit einer Höhe von 28 Metern (ca. 95 Fuß) ist es strategisch günstig zwischen den kleinen Trägerraketen positioniert, wie zum Beispiel das Elektron di Raketenlabor (17 Meter) und Giganten wie der Falcon 9 di SpaceX (70 Meter). Das ist kein Zufall: Isar zielt auf den wachsenden Markt für Starts kleiner und mittelgroßer Satelliten ab.
Was mir am meisten auffällt, ist, dass die gesamte Rakete in den letzten sieben Jahren intern von dem deutschen Unternehmen entwickelt wurde. Keine importierten Komponenten oder aus dem Ausland bezogenen Technologien: ein vollständig europäisches Produkt, vom Design bis zur Herstellung. Die Trägerrakete verfügt über neun mit flüssigem Sauerstoff/Propan betriebene Turbopumpentriebwerke für die Hauptrakete und ein einzelnes Eagle-Mehrfachzündungstriebwerk für den Einsatz und die Orbitalmanöver im Weltraum.
Für diesen ersten Test, Isar hat sich entschieden, keine zahlende Kundenfracht anzunehmen, und konzentrierte sich stattdessen darauf, möglichst viele Daten vom Flug zu sammeln. Eine kluge Entscheidung, wenn man bedenkt, dass es in der Geschichte nur wenigen Raketen gelang, beim ersten Versuch die Umlaufbahn zu erreichen.
Der norwegische Weltraumbahnhof
Wie bereits erwähnt, wird dieser historische Start vom Weltraumbahnhof Andøya in Norwegen aus erfolgen, einer Anlage, die 2023 eröffnet wird. Es ist kein Zufall, dass die Bodeninfrastruktur und die ersten Einrichtungen speziell für die Isar und die Spectrum-Rakete gebaut wurden.
Das Startfenster für den ersten Testflug von Spectrum öffnet frühestens am 24. März.
Es ist merkwürdig, dass die großen Raumfahrtmächte ihre Startzentren an abgelegenen oder tropischen Orten errichtet haben, während Europa sich für die extreme Kälte des Polarkreises entschieden hat. Eine Wahl, die den europäischen Pragmatismus perfekt widerspiegelt: Die dünn besiedelten Gebiete Nordnorwegens bieten ideale Bedingungen für Starts in polare Umlaufbahnen, die insbesondere für Erdbeobachtungssatelliten nützlich sind.
Bereit für kommerzielle Verträge
Noch vor dem Erststart hat sich Isar bereits einen Vertrag für die ersten kommerziellen Missionen von Spectrum gesichert. Das Unternehmen gab am 12. März eine Vereinbarung mit derNorwegische Weltraumagentur um die Satelliten des Programms zu starten Überwachung des Arktischen Ozeans (AOS) von 2028.
Christian Hauglie Hanssen, Geschäftsführer vonNorwegische Weltraumagentur, heißt es in einer Pressemitteilung von Isar:
„Der Start der AOS-Satelliten vom Weltraumbahnhof Andøya wird ein echter Meilenstein für die norwegischen Raumfahrtaktivitäten sein. Wir freuen uns auf eine starke Partnerschaft mit Isar Aerospace und darauf, ‚Spectrum‘ in Aktion zu sehen.“
Startfenster für Spectrum-Raketen wird geöffnet Montag, 24. März, zwischen 13:30 und 16:30 Uhr italienischer Zeit (7:30–10:30 Uhr EST), natürlich vorausgesetzt, dass Wetter, Sicherheit und Feldinfrastruktur es zulassen. Europa hält den Atem an und hofft, dass dieses neue Kapitel seiner Weltraumgeschichte mit einem Erfolg beginnt, denn es könnte das Kräfteverhältnis im Bereich der kommerziellen Weltraumstarts für immer verändern.