Melbourne, Australien. Ein hochmodernes Labor, in dem 800.000 menschliche Neuronen auf einem Siliziumchip wachsen und Pong spielen. Oder zumindest taten sie das früher: Forscher am Kortikale Labore haben gerade gezeigt, dass diese künstlichen Neuronen weit mehr können, als nur Spiele zu spielen. So reagieren sie beispielsweise auf Antiepileptika mit Verhaltensänderungen und Leistungssteigerungen. Carbamazepinhat insbesondere diese Reagenzglas-Gehirnzellen in wahre neurologische „Lehrlinge“ verwandelt. Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass kultivierte Neuronen auf eine medikamentöse Therapie reagieren.
Wie Cortical Labs die neurologische Forschung revolutionierte
Das australische Team unter der Leitung von Brett Kagan, Chief Scientific Officer des Unternehmens, hat in der Zeitschrift veröffentlicht Kommunikations-Biologie Die Ergebnisse eines Experiments, das die Grenzen zwischen Biologie und Technologie neu definiert. Die Forscher verwendeten Neuronen aus menschlichen pluripotenten Stammzellen und kultivierten sie 21 Tage lang, bis sie sich in Zellen differenzierten, die für Epilepsie typisch sind.
Diese Neuronen wurden dann einem Modell der glutamatergen Hyperaktivierung unterzogen, das die Bedingungen simuliert, die während epileptischer Anfälle auftreten. Glutamat ist ein exzitatorischer Neurotransmitter Wenn es aus dem Gleichgewicht gerät, kann es zu einer für Epilepsie typischen neuronalen Übererregung kommen.

Die Wirksamkeit von Carbamazepin auf künstliche Neuronen
Der Wendepunkt kam, als Forscher drei verschiedene Antiepileptika testeten: Phenytoin, Perampanel und CarbamazepinNur letzteres, verabreicht in einer Dosis von 200 µM, führte zu außergewöhnlichen Ergebnissen. Es reduzierte nicht nur die neuronale Hyperaktivierung (wie alle drei Medikamente), sondern verbesserte auch die Fähigkeit der Neuronen, Pong zu spielen, signifikant.
La Carbamazepin ist ein seit 1965 eingesetztes Antiepileptikum, das besonders wirksam gegen fokale Anfälle ist. Es wirkt hauptsächlich auf Natriumkanäle und reduziert die repetitive hochfrequente Aktivierung von Aktionspotentialen. Die Beobachtung dieses Mechanismus an im Labor gezüchteten Neuronen stellt jedoch einen beispiellosen Durchbruch dar.
Die CL1-Plattform von Cortical Labs revolutioniert die Arzneimittelprüfung
Die Technologie hinter diesem Durchbruch ist die CL1-Plattform, die das System hostet DishBrain. Wie ich in diesem Artikel betonteEs handelt sich um einen Biocomputer, der lebende menschliche Neuronen mit herkömmlicher Hardware kombiniert. Die Neuronen wachsen auf einem Siliziumsubstrat, das mit Elektroden ausgestattet ist, die eine bidirektionale Kommunikation zwischen biologischem Gewebe und Prozessor ermöglichen.
Mit diesem System können wir in Echtzeit beobachten, wie sich Medikamente auf das neuronale Verhalten auswirken, sodass wir auf Tiermodelle verzichten können. Brad Watmuff, Leiter der Biologie bei Cortical Labs, betont, wie dieser Ansatz den Weg zu „aussagekräftigeren Messungen des Therapieerfolgs“ ebnet.

Die Zukunft der personalisierten Medizin
Die Bedeutung dieser Entdeckung geht über ein einzelnes Experiment hinaus. Die Möglichkeit, Medikamente an realen, aber künstlich gezüchteten menschlichen neuronalen Netzwerken zu testen, könnte die Entwicklung neuer Therapien dramatisch beschleunigen. Jedes CL1-System kann individuell angepasst werden, um verschiedene neurologische Erkrankungen darzustellen, von Demenz bis hin zu medikamentenresistenter Epilepsie.
An der Forschung waren auch Wissenschaftler derUniversity of Cambridge und das britische Startup bit.biound zeigt, wie die internationale Zusammenarbeit die Grenzen der angewandten Neurowissenschaften erweitert.
Das SBI-System (Synthetische Biologische Intelligenz) von Cortical Labs ist zwar noch einfacher als das menschliche Gehirn, stellt aber einen grundlegenden Schritt hin zu effektiveren und personalisierten Therapien dar. Er fasst zusammen: Kagan:
„Das ist erst der Anfang. Die Fähigkeit, in Echtzeit zu beobachten, wie lebende Neuronen auf Stimulation und medikamentöse Behandlung reagieren, eröffnet völlig neue Wege, Therapien zu entwickeln, zu testen und zu personalisieren.“
Die Grenze zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit verschwimmt immer mehr und eröffnet Möglichkeiten, die bis gestern nur in unserer Vorstellung existierten.