Das Universum ist entschieden seltsamer (und vielleicht älter) als wir dachten. Stellen Sie sich vor, Sie entdecken, dass Ihr Haus schon existierte, bevor es gebaut wurde. Klingt das absurd? Doch genau das passiert mit der Urknalltheorie. Eine Gruppe von Physikern hat herausgefunden Spuren von Urteilchen, die während der kosmischen Inflation entstanden sein könnten. Ihre Studie legt nahe, dass dunkle Materie nicht einfach aus dem Urchaos entstanden ist, sondern bereits dort war, ein stummer Zeuge eines Ereignisses, das wir fälschlicherweise für den Ursprung von allem gehalten haben.
Die große kosmische Illusion
Seit Jahrzehnten wird uns erzählt, dass der Urknall stellt das Nullmoment dar, der Uraugenblick, in dem Raum und Zeit zu existieren begannen. Eine Erzählung, die so kraftvoll ist, dass sie fast zu einem wissenschaftlichen Dogma geworden ist; schade, dass es sich dabei um eine Halbwahrheit handeln könnte, wenn nicht sogar um eine gut verpackte kosmische Lüge.
Die Suche nachkosmische Inflation (jene Phase extrem schneller Expansion, die dem Urknall vorausging) hat dieses scheinbar perfekte Bild zunehmend komplizierter gemacht. Wenn die Inflation früher stattgefunden hat, könnte sie subtile Spuren in der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung hinterlassen haben, den schwachen Echos, die noch immer von der Geburt des Universums herrühren.
Es fasziniert mich, dass uns die Natur, gerade als wir dachten, wir hätten den Anfang von allem verstanden, daran erinnert, wie sehr wir im Verständnis des Kosmos noch Anfänger sind. Es ist beinahe ironisch: Je mehr unser Wissen voranschreitet, desto weiter scheint sich der Ursprung zu entfernen, wie ein Horizont, den wir nie erreichen.
Urteilchen und das Zeitparadoxon
Dieser neuen Forschung zufolge könnte sich dunkle Materie (die unsichtbare Substanz, die Galaxien formt) gebildet haben kurz vor dem Urknall. Eine Hypothese, die, wenn sie bestätigt wird, Dies würde die Vorstellung, dass unser Universum mit einem Urknall begann, grundlegend widerlegen.
Ich studiere, veröffentlicht von Forschern beiUniversität von Texas in Austingeht davon aus, dass die Entstehung dunkler Materie bereits während der Inflation begonnen hatte. Ihr Modell mit der Bezeichnung „Hot Inflation via Ultraviolet Freeze-In“ (oder WIFI) erklärt, wie die extreme Hitze und Energie der Inflation Strahlung erzeugt und winzige Wechselwirkungen ausgelöst haben könnte, die primordiale Dunkle-Materie-Partikel erzeugten, noch bevor der Urknall überhaupt begann.
Dieses Konzept finde ich besonders provokativ: Teilchen, die „vor“ der Zeit selbst existierten. Es ist, als stünde man vor einem philosophischen Paradoxon, das die Physik mit mathematischen Gleichungen und Modellen zu lösen versucht. Doch wenn man darüber nachdenkt, ist es gerade dieses ständige Ausreizen von Grenzen, das die Wissenschaft zu einem der größten Abenteuer der Menschheit macht.
Ein Ursprung, der älter ist als der Ursprung
Dieser Ansatz steht im krassen Gegensatz zu den meisten Modellen, die davon ausgehen, dass alles, was während der Inflation entstanden ist, durch die Expansion zerstört worden wäre. Das WIFI-Modell legt jedoch das Gegenteil nahe: In diesem Szenario überlebt die dunkle Materie nicht nur, sondern gedeiht und wird zu einem der ersten Bausteine des Universums.
Dunkle Materie ist seit langem ein Rätsel im Herzen der modernen Physik. Es reflektiert und emittiert kein Licht, dennoch formt seine Gravitationskraft Galaxien und kosmische Strukturen. Wissenschaftler haben es nie direkt beobachtet und sein Ursprung ist unbekannt. Wenn es sie vor dem Urknall tatsächlich gab, könnte dies unser Verständnis von allem, von der Entstehung der Materie bis hin zur Geburt der Zeit selbst, radikal verändern.
Was mir an dieser Theorie auffällt, ist ihre Eleganz und Kühnheit: Es handelt sich dabei nicht einfach um eine Verfeinerung der Details eines bestehenden Modells, sondern es wird eine konzeptionelle Umkehr vorgeschlagen, die uns zu einer völlig neuen Kosmologie führen könnte. Es ist ein bisschen so, als würden wir entdecken, dass es zu dem Buch, das wir mit so viel Interesse gelesen haben, tatsächlich einen ganzen Vorgängerband gibt, von dem wir nichts wussten.
Urteilchen, die Fragen, die niemand zu stellen wagt
Die Forschung muss noch weiter validiert werden, ihre Auswirkungen sind jedoch enorm. Wenn sich dunkle Materie vor dem Urknall bilden konnte, was könnte dann nach dem Beginn unseres Universums noch existieren? Was wäre, wenn das überhaupt nicht stimmte und die bisherigen Theorien, dass das Universum mit zwei Knallen begann, tatsächlich richtig waren?
Diese Fragen erscheinen mir viel interessanter als die Teilantworten, die wir heute haben. Denn letztlich ist die Wissenschaft weniger ein Katalog von Gewissheiten als vielmehr ein kontinuierlicher Prozess immer tieferer und subtilerer Fragen. Und wenn uns die Urteilchen eines lehren, dann ist es die Tatsache, dass das Universum noch viele Geheimnisse birgt, die es zu lüften gilt, vielleicht sogar schon vor seinem vermeintlichen Anfang.
In einem Zeitalter der Polarisierung und Vereinfachung finde ich es tröstlich, dass das Universum seinen schwer fassbaren und geheimnisvollen Charakter behält und uns daran erinnert, dass unsere besten Theorien immer vorläufige Annäherungen an eine Realität sind, die zu gewaltig ist, um sie vollständig zu erfassen.